Der Wahlkampf ist beendet, die Wahllokale haben geschlossen, vorläufige Ergebnisse wurden bekannt gegeben. Demnach landete die die Piratenpartei in Berlin bei 1,7 Prozent und verfehlt den Wiedereinzug ins Abgeordnetenhaus damit deutlich. Somit ist die erste von vier Piratenfraktionen vorerst Geschichte. Zeit sich an die Ursachenforschung zu machen.
Schlagwort: Politische Strategie
Ein Beitrag zur mittelfristigen Strategie der Piratenpartei
Zusammenfassung (tl;dr)
In der jetzigen Situation kann es der Piratenpartei nicht vordergründig darum gehen, selbst aktiv Politik zu gestalten. Zwar sitzen wir noch in vier Landesparlamenten und unzähligen Kommunalvertretungen und können dort eigene Ideen einbringen. Es ist aber abzusehen, dass dies ein Auslaufmodell sein wird, wenn es uns nicht gelingt die Stimmung in der Partei und unsere Außenwahrnehmung grundlegend zu ändern. Um das Ruder noch einmal herumzureißen, sollten wir uns auf unsere Stärken zurückbesinnen. Statt uns inhaltlich wie auch methodisch an etablierten Parteien zu orientieren, sollten wir lieber den Mut zur Lücke beweisen und stattdessen die Themen, für die wir einst gewählt wurden, wieder pointiert auf die Agenda bringen. Wir müssen vor allem mit kreativen statt aufwendigen Aktionen für den Bürger (besonders unser Stammklientel), die Medien und die politische Konkurrenz, aber auch für unsere eigenen Mitglieder wieder wahrnehmbar werden. Angesichts langsam schwindender finanzieller wie personeller Ressourcen muss uns allerdings klar sein, dass wir dafür nicht mehr viele Versuche bekommen werden. Wir haben wenig zu verlieren und sollten deshalb konsequent alles auf unsere stärkste Karte – unsere Kernthemen – setzen. Dieses Land braucht eine moderne Bürgerrechtspartei für das digitale Zeitalter.
Im Nachgang an die Ereignisse vom außerordentlichen Bundesparteitag der Piratenpartei in Halle und dem Austritt einiger ihrer bekannten Gesichter hatte ich gefragt, ob es den Piraten nunmehr gelingen könne, noch einmal in See zu stechen. Seitdem sind gut fünf Monate vergangen, in denen zwar viel passiert ist, der Status der Partei sich aber nicht signifikant verbessert hat. Um es unumwunden zu sagen: Der Zustand ist noch immer bescheiden. Es dominiert die Ernüchterung, bisweilen sogar eine gewisse Hoffnungslosigkeit. Die Partei verharrt in der Defensive; eigene politische Impulse setzen wir derzeit bestenfalls noch regional.
Sicherlich hat niemand Wunder erwartet, zumal auch andere Parteien in der Vergangenheit erhebliche Zeit benötigt haben, um sich aus ähnlichen Krisen wieder herauszuarbeiten. Auch deshalb habe ich damals mit einem gewissen Optimismus gesagt, dass die Chancen heute nicht unbedingt schlechter stehen, als sie 2009 waren. Dazu stehe ich auch noch heute. Der bestehende Bundesvorstand hat gute Arbeit darin geleistet, die Partei kurzfristig – wenn auch auf niedrigem Niveau – zu konsolidieren. Besorgniserregend ist aber, dass es den Piraten offenbar immer noch an einer klaren längerfristigen Strategie aus der Krise fehlt. Dadurch verlieren wir Zeit und damit Geld, vor allem aber – und das ist entscheidender – die Motivation vieler Mitglieder. Ein Comeback ohne die staatliche Teilfinanzierung ist möglich. Ein Comeback mit überwiegend demotivierten Mitgliedern nicht.1
Erfahrungsgemäß sind Menschen aber meist dann besonders leidensfähig, wenn sie ein klares Ziel vor Augen haben und man ihnen einen halbwegs realistischen Weg dorthin aufzeigt.