Stadtverordneter für Oranienburg – hier privat.

Orangerie

Vom Wirken der AfD und dem (falschen) Umgang der Konkurrenz – Ein Beispiel aus der Kommunalpolitik

Am gestrigen Montag fand die 2. Sitzung der Stadtverordnetenversammlung von Oranienburg statt. Bereits im Vorfeld war es hinter den Kulissen zu einiger Aufregung gekommen. Hintergrund war ein Antrag der AfD-Fraktion „zur einheitlichen Positionierung der Oranienburger Stadtverordnetenversammlung gegen jeglichen Extremismus und jede Form von physischer Gewalt“. Inhaltlich handelte es sich dabei meines Erachtens nach um einen überflüssigen Antrag. Zum einen weil dies für alle Stadtverordneten ohnehin eine Selbstverständlichkeit sein sollte, und zum anderen gab es – zumindest meines Wissens nach – keinen aktuellen Bezug aus Oranienburg, der einen solchen Antrag erforderlich machte. Insofern war der Antrag vor allem eines: Zeitverschwendung. Möglicherweise ging es der AfD-Fraktion aber auch um etwas Anderes. So ist anzunehmen, dass einige Abgeordnete Anträge der AfD grundsätzlich ablehnen und zwar unabhängig vom Inhalt. Wäre dies auch hier passiert, so hätte die AfD den Stadtverordneten vorhalten können, dass diese sich nicht von Extremismus jeglicher Art distanzieren wollen. Wenngleich meine Fraktion nicht zu den oben beschriebenen zählt, hatte ich vorsorglich einen konkurrierenden, inhaltlich weitergehenden Antrag als Alternative gestellt – doch dazu später mehr. Dass es letztlich anders kam, war nicht unbedingt die Leistung des politischen Gegners, sondern das Unvermögen der AfD selbst. Und zwar war ihr eigener Antrag – der Fraktionsvorsitzende der Linken, Ralph Bujok führte dies aus – sprachlich so verunglückt, dass er inhaltlich das Gegenteil dessen aussagte, was die AfD eigentlich bezweckte.

„Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen, dass sich  alle Stadtverordneten der Oranienburger Stadtverordnetenversammlung gegen Extremismus und Radikalität aus jeglichen politischen und religiösen Richtungen bekennen und positionieren, der dazu geeignet ist die körperliche Unversehrtheit von Menschen und/oder der Zerstörung oder Beschädigung ihres Eigentums zur Folge zu haben, weil diese in unserer Demokratie andere Ansichten zu gesellschaftspolitischen Themen und Problemen vertreten. Wir stehen gemeinschaftlich für ein friedliches und konstruktives Miteinander im Interesse unserer Stadt und ihrer Bürger.“

Antrag der AfD-Fraktion zur einheitlichen Positionierung der Oranienburger Stadtverordnetenversammlung gegen jeglichen Extremismus und jede Form von physischer Gewalt

Hinter dem Wort „Unversehrtheit“ fehlte offensichtlich eine negative Formulierung wie „zu gefährden“. Somit wurde der Antrag nicht nur unverständlich, sondern inhaltlich sogar in sein Gegenteil verkehrt.

Aufgefallen war dies zunächst jedoch nicht. Daher rangen die Fraktionen im Vorfeld darum, wie man sich zu diesem Antrag verhalten solle. Persönlich hätte ich – zu diesem Zeitpunkt noch in Unkenntnis der sprachlichen Unzulänglichkeiten – dafür plädiert, den Antrag kommentarlos anzunehmen, da er – wie eingangs erwähnt – ohnehin nur Selbstverständlichkeiten enthielt und man der AfD somit auch keine Angriffsfläche geboten hätte. Da es für dieses Vorgehen vermutlich keine Mehrheit gegeben hätte, hatte ich vorsorglich einen konkurrierenden Antrag gestellt, der sich – entgegen des AfD-Antrages – nicht nur gegen physische, sondern jede Form von Gewalt aussprach. Seitens der Stadtverwaltung wählte man einen anderen Weg. Man entschied sich dazu, das 2008 beschlossene „Leitbild Toleranz“ zu erneuern, da man offenbar annahm, dies würde den Antrag der AfD obsolet machen. Ob dieses Leitbild inhaltlich tatsächlich inhaltlich den AfD-Antrag abdeckte, darüber lässt sich streiten. Auf jeden Fall sah die AfD im Vorfeld keinen Anlass, ihren Antrag zurück zu ziehen. Immerhin konnte ich meinen zurückziehen, nachdem sich der Antrag der AfD sprachlich selbst erledigt hatte. Das erkannte man offensichtlich auch bei der AfD. Allerdings kam man mit dem Zurückziehen zu spät, da das Abstimmungsverfahren bereits begonnen hatte. Somit wurde der Antrag dennoch behandelt. Immerhin zwei der sechs AfD-Abgeordneten stimmten dem fehlerhaften Antrag dennoch zu, der Rest enthielt sich. Es  bleibt abzuwarten, ob der dann korrigierte Antrag schon in Kürze erneut auf der Tagesordnung stehen wird. Ich hoffe diese Selbstbeschäftigung – die nicht im Interesse der Oranienburger sein kann – bleibt der Stadtverordnetenversammlung erspart.

Die AfD hatte noch einen weiteren Antrag eingebracht, auf den ich an dieser Stelle jedoch nicht auch noch eingehen möchte. Gleiches gilt für das in meinen Augen eher peinliche Spiel um die Benennung des CDU-Mitglieds Klaus Rogosky zum sachkundigen Einwohner durch die AfD-Fraktion, welche die CDU veranlasste, eine Einzelabstimmung zu beantragen. Am Ergebnis änderte dies jedoch nichts.

Nach nunmehr zwei Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung könnte man den Eindruck gewinnen, selbige befasse sich im Wesentlichen mit der AfD und der Frage, wie man denn nun mit ihr umgeht und „Zeichen setzt“. Dafür sind wir Stadtverordneten aber nicht gewählt. Es bleibt daher  hoffen, dass sich die Fraktionen künftig stärker auf die eigene Arbeit konzentriert und der AfD jene Bedeutung beimisst, die ihr gebührt – nämlich die von 6 Abgeordneten aus 36.

Weitere Informationen: AfD-Fraktion scheitert mit ihrem ersten Antrag (Oranienburger Generalanzeiger)

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Bericht von der konstituierenden Sitzung der Stadtverordnetenversammlung

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Sprache und Geschlecht: Mein Antrag in der StVV Oranienburg

  1. Habt ihr keine Antragssperre für bereits behandelte Themen?

    • Thomas

      Doch, haben wir, 6 Monate lang. Aber nur wenn der Antrag nicht substanziell verändert wird. Und so verunglückt, wie der Antrag der AfD war, wäre eine korrigierte Fassung wohl eine umfassende Änderung, weil sich der Sinn dann umkehren müsste.

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